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Back-Up 1/97

Vermischtes aus der Abseitsfalle, aufgelesen von Sönke Jahn
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  • Zu unseren liebsten Fehl-Meldung veranlaßt uns Leser André Friedrich aus Düsseldorf: Vorsorglich und pfiffig verpackte er seine wertvolle Diskette eingeklebt zwischen zwei Unkaputtbare CDs. Ob er die Verpackung zurückhaben möchte? Ein allerletztes T-Shirt vom Mac MAGAZIN sollte ohne aufwendige Hülle unlängst bei ihm eingegangen sein.

    How bizarre, how bizarre

    Und wenn, Leser, morgen die Welt unterginge -- oder das Mac MAGAZIN den Verlag wechselte -- wir würden kein Apfeläumchen pflanzen, sondern Dir noch etwas aus der Bildzeitung vorlesen: "Junge Frau suchte einen Mann, der sie totfoltert -- sie fand ihn im Internet". Wir lasen es in der Ausgabe vom 31. Oktober 1996:

    "Die blonde Sharon (verheiratet) aus Baltimore hatte sich mit ihrem Computer von zu Hause aus ein kleines Geschäft aufgebaut. Im Internet bot sie an: Texte für Kleinnanzeigen, die neuesten Horoskope. Ab und zu klickte sie sich bei Sextreffpunkten ein." Wo sie irgendwann auf Robert traf: "Er nannte sich 'Slowhand' ('langsame Hand')." Anfang Oktober ist Sharon dann zu ihm gefahren -- ihrem Mann erzählte sie, sie würde Freunde besuchen. Eine Woche später meldete er sie als vermißt, und erst die Polizei fand ihren Abschiedsbrief: "Mach Dir keine Sorgen, falls mein Körper nie gefunden wird. Du sollst wissen, dann habe ich meinen Frieden gefunden."
    Ein "Kripobeamter" (Bild) hat dann auf ihrem Computer 870 E-Mails, in Worten: achthundertsiebzig -- genau diese Zahl stand in der Bildzeitung: 870 gespeicherte E-Mails, von Slowhand gefunden.

    "Ich konnte nicht glauben, was ich da las," sagte ein Polizist zur Bildzeitung: "Sharon hatte mit dem Mann ganz genau abgemacht, wie er sie vergewaltigen, mißbrauchen, schlagen und schließlich töten sollte."
    Sharons Körper fand sich dann aber doch noch: Auf Roberts Grundstück fand man ihre strangulierte Leiche. Jetzt sitzt Robert natürlich im Gefängnis und schweigt. Nur "Sie sollte die E-Mails doch löschen!", soll er gesagt haben.

    Wenn, Leser, morgen die Welt unterginge -- oder das Mac MAGAZIN den Verlag wechselte --, wir würden kein Apfelbäumchen pflanzen oder noch etwas aus der Bildzeitung vorlesen: Wir sollten besser alle mal eine Sicherungskopie machen.


    Pervers

    "Wie schwierig es ist, gesetzwidrige oder jugendgefährdende Veröffentlichungen in offenen Mediensystemen zu entdecken und zu ahnden, erlebten Bundestagsabgeordnete, die sich darüber informierten. Zunächst wühlte ein Fachmann der Münchner Polizei emsig im Internet herum, fand aber keine aktuellen Beispiele. Wenig später kam heraus, daß es eine Zeitschrift gibt, die für ganz besonders üble Porno-Programme wirbt, aber dafür nicht belangt werden kann."

    Das berichtete die Frankfurter Rundschau am 10. Oktober 1996 über die Bundestags- Anhörung Jugendschutz und neue Medien - Nutzen und Risiken der neuen Medien für Kinder. Die Überschrift dazu: "Perverser Mißbrauch des Internet", ein Ausspruch des Abgeordneten Mosdorf (SPD), dem Vorsitzenden der Medien- Enquetekommission, angesichts einiger von der Arbeitsgruppe Beweismittelsicherung des Münchner Polizeipräsidiums mitgebrachter und somit offline dargebotener drastischer Bildbeispiele.

    Angesichts derer es natürlich absolut verzeihlich ist, wenn man entrüstet doppelmoppelt und somit absoluten Blödsinn redet. Datenübertragung, und darum handelt es sich wohl auch bei justitiabler Nutzung, ist ja wohl kein Mißbrauch des Internets: Denn dazu ist es schließlich da. Und ob es auch noch eine "perverse" Form von Datenübertragung gibt, mögen bitte gestandenere Haarspalter klären.

    Die beanstandeten Daten jedenfalls werden wohl meist von Privat aus einschlägigen Magazinen kopiert, die in jedem besseren Rotlichtviertel der Republik verkauft werden -- und meist noch nicht einmal als Bückware.
    Und Dänemark- Urlauber wissen, daß prallvolle Hefte mit gut ausgeleuchteten, phantasievollen Fickszenen -- auch auf dem Titel -- beim Bäcker neben den Kreuzworträtseln stehen. Ein augenscheinlich perverses, verludertes und jugengefährdendes Land.

    Wäre da nicht sofort eine Enquetekommission fällig zum Thema Nutzen und Risiken eines Dänemarkurlaubs für Kinder? Kann man eigentlich noch nach Belgien reisen?


    Die letzte Meldung

    Was passiert eigentlich, wenn eine Weltfirma wie Apple schrumpft? Man schließt sich intern immer enger zusammen und entwickelt dabei sektiererische Züge.

    Grund genug für den amerikanischen Silicon Valley- Insider Mark Peach, den Apfelmännchen mal so richig auf den Zahn zu fühlen. Die Ergebnisse seiner monatelangen Under Cover- Recherchen erstaunten ihn selbst, und so stellt er sich und seinen Lesern in seinem neuen Buch die Frage: Wird Apple eine Sekte?

    Dem Mac MAGAZIN liegen bereits Auszüge des amerikanischen Manuskripts vor, das unser Bild von der ach so harmlosen Firma Apple radikal zu ändern verspricht. Kapitelüberschriften wie Haben Evangelisten in Cupertino die Macht übernommen? lassen skandalöse Enthüllungen vermuten. Wie fundamentalistisch sind die Prediger des Macs wirklich? Werden die Mac-User ganz bewußt abhängig gemacht, nur um Geld zu scheffeln? Was passiert eigentlich mit dem ganzen Geld in Cupertino? Und schließlich: Ist Gil Amelio erleuchtet? Und strebt er die Weltherrschaft an?

    Autor Peach sieht religiösen Wahn am Horizont aufziehen und warnt vor allzu eilfertigem Mac- Fanatismus. Denn seine Schreckensvision: Macs sind schon bald vom Markt verschwunden, und Apple versucht aus steuerrechtlichen Gründen als Kirche anerkannt zu werden.
    Aus Gravis- Shops werden Gebetshäuser, in denen man den Gläubigen für rituelle persönliche Systemerweiterungen für viel Geld geheiligte Systemdisketten aus Reliquienschreinen aushändigt. Für je fünf Mark wird man an täglichen Gebeten gen Cupertino teilnehmen dürfen, und die in die Hirne eingehämmerte Lehre von der reinigenden Wirkung von Systemabstürzen wird Regierungen in die Knie zwingen.

    Das Mac MAGAZIN wird kurz vor Erscheinen der deutschen Fassung von Ist Apple eine Sekte? mit einem Vorabdruck beginnen. Oder vielleicht doch lieber nicht? Mal sehen.


    Erscheinungsdatum Heft 1/97: 4. Dezember 1996.
    Infos online seit dem 27. November 1996.